Liegt Narrhalla neben Narragonien?

Auch wenn es beim Lesen ein wenig weh tut: der Narretei im Allgemeinem und dem Prinzen im Besonderen Zuspruch spendend entnehmen wir dem „Der Tafelredner“ [1] im Kapitel „Fastnacht“

Auf den Prinzen Karneval

Liebe Narren, bringet all
Ein Hoch dem Prinzen Karneval,
Der dem Thron nach Väter Sitte
Heut' bestieg mit stolzem Schritte.

Freude herrsch' im weiten Saal
Frohsinn, Lachen, Narretei,
Lust und Jubel überall,
Mit würd'gem Ernste sei's vorbei!

Glättet eure falt'ge Stirn,
Griesgram, lache, dass es schallt,
Strengt nur an das trockne Hirn,
Daß Humor es heut' entfalt'!

Wer kein Narre, geh nach Hause,
Angenehm sind nur die Tollen;
Spießer, bleib in deiner Klause,
Wir dich hier nicht haben wollen.

Seine Hoheit auf dem Thron
Ladet euch zu Narrenfeste,
Stolz mit Zepter und mit Kron'
Duldet er nur Narrengäste.

Seiner Tollität zu Ehren
Gebt euch hin der Lust und Freude;
Keinen Spaß soll man euch wehren,
Fastnacht feiern wir ja heute.

Morgen woll'n den Kopf wir senken,
Heut' jedoch man lacht und singt,
Wollen jetzt noch nicht dran denken,
Was der Aschermittwoch bringt.

Fastnachtsfreude uns vereinte,
Fastnachtsjubel laut erschall',
Vivat hoch der Narr'ngemeinde,
Dem Prinzen Karneval!

„Lust und Freude“ – ist einer der Beiden in den allseits bekannten Veranstaltungen zu beobachten, dann sollte man dieses unverzüglich melden!

Sodenn folgen in des Tafelredners Fastnacht-Kapitel „zwei launige Reden bei einer Fastnachtsfeier“, wobei die Erste etwas zu käsig geraten ist und uns hier nicht weiter langweilen möge. Die Zweite allerdings hat einen gewissen Esprit und sollte von jenen aufmerksam studiert werden, die sich in der Disziplin der gepflegten Publikumsbeschimpfung weiterbilden wollen:

Verhaßte Zuhörer!

Glaubt nicht, daß ich hier vor Euch stehe, um Euch sanftmütigen Brei um Euren losen Mund zu schmieren. Nein, ich stehe hier um Euch zu sagen, was Ihr für Menschen seid. Doch – was will ich denn? – Ihr seid ja gar keine Menschen, Ihr seid zweibeinige Tiere ohne Federn. Ihr seid von allem etwas und im ganzen gar nichts. Vom Esel habt Ihr die Verstocktheit, vom Fisch das kalte Blut, vom Hasen die Manschetten [2], vom Rhinozeros das harte Fell und vom Kamel die lasttragende Geduld. Nichts ist groß an Euch als das Maul, und nichts ist weit an Euch als das Gewissen. So groß aber Euer Maul ist, so kleinlich ist Eure Gesinnung; und so weit Euer Gewissen ist, so eng und beengt ist Eure Ansicht. Nichts ist beweglich an Euch außer Eurem Geldbeutel. Aber so leicht zu bewegen Euer Zopf ist, so schwer zu bewegen ist Euer Gemüt; und so tief Euer Geldbeutel ist, so flach und oberflächlich sind Eure Grundsätze. Eure Menschenliebe reicht nicht weiter als die Fühlhörner [3] einer Schnecke, und Euer Charakter ist nicht fester als ein halbgebackener Pfannkuchen. „Soll“ und „Haben“ sind die beiden Pole, um die sich Eure Gedankenwelt dreht. Mit der Krämerelle [4] meßt Ihr das Genie, und auf der schmutzigen Käsewaage wägt Ihr den den Wert der Menschheit ab. Ihr kennt keine Freunde als Handelsfreunde, und die Börse ist Eure Kirche, in welcher Ihr vor dem allmächtigen Mammon die Andacht verrichtet.

Wann vergießt Ihr Tränen? Sobald Ihr scharfen Meerrettich eßt! Und wann werdet Ihr warm? Wenn Ihr hinterm Ofen hockt! Wen liebt Ihr am meisten? Euch selbst! Und wen liebt Ihr am wenigsten? Euren Nächsten! Was ist Eure Liebe? Geld! Was habt Ihr im Kopf? Zahlen! Und was habt Ihr im Herzen? Gar nichts!

Glaubt nicht, Ihr miserablen Zuhörer, daß ich einige von Euch nur im geringsten vor allen Uebrigen vorziehe. Nein, Ihr gleicht Euch alle so sehr wie ein Strick dem andern. Und müßte ich den Schlechtesten von Euch wählen, ich würde den ersten besten von Euch nehmen, und hätte mich in der Wahl nicht getäuscht.

Euer Hochmut hat kein Ziel, und Euer Dünkel [5] hat keine Grenze; Eure Würde hat keinen Anfang, und Eure Geldgier hat kein Ende. D’rum treffe Euch der Aschermittwoch-Katzenjammer in stärkstem Maße, und damit Punktum! Ich habe gesprochen! (Mainzer Narrhalla. [7])


Wir sehen, in Mainz ist Karneval kein Kindergeburtstag.

jott


[1] : Der Tafelredner bei allen Festlichkeiten (Heitere u. ernste Trinksprüche u. Tischreden), Hans Helling (Herausgeber), 8. Auflage (24. bis 29. Tausend) 1937, Rodolph’sche Verlagsbuchhandlung.

Bild: Ob Spaß- oder Ernstbold, nie ohne Smoking!

Wir finden in diesem Buch auch Werbung zu weiteren Ausgaben der Rudolph’schen Verlagsbuchhandlung. Zum Beispiel

Der wirklich brauchbare Liebesbriefsteller [6]

Anleitung und Ratgeber zur Abfassung wirksamer, zeitgemäßer Liebesbriefe vom Beginn der Bekanntschaft bis zur glücklichen Hochzeit. Von Hans Teichmann. So müssen Liebesbriefe sein! Frisch und lebendig, nicht geschraubt und geziert, sondern gemütvoll und herzlich. Alle Briefe dieses Buches zeichnen sich aus, weil sie in einer besonderen, allen verständlichen Sprache geschrieben sind: der Sprache des Herzens. (Preis 1.- RM.)

Da gibt man doch gerne eine Reichsmark aus! Einen Steller, der einen Lebensabschnitt nach der „glücklichen Hochzeit“ ausleuchtete, suchen wir unter den beworbenen Büchern allerdings vergeblich – rufen wir als Bittsteller in die Vergangenheit!

[2] : „Manschetten“ : Dem Wahrig (Deutsches Wörterbuch) entnehmen wir zusammenfassend: (steifer) Ärmelaufschlag, zierende Umhüllung aus Papier für Blumentöpfe, aber auch einen verbotenen Griff am Hals. Die Gaunersprache meint damit Handfessel und vor etwas Manschetten haben sei (umgangssprachlich) der Respekt. Wir wollen an dieser Stelle anfügen, dass hier („vom Hasen die Manschetten“) wohl eher der Hasenfuß gemeint ist, ein ängstlicher Mensch und noch deutlicher: ein Feigling.

[3] : „Fühlhörner“

Bild: Obwohl mit vier Fühlhörnern ausgestattet, verlor Hausschnecke „HIPPIE“, zuständig für die Befriedung des Gartens, auf Grund ihrer zu hohen Geschwindigkeit bei einem Einsatz die Blüte, welche Augenblicke zuvor zwischen den Fühlhörnern zu finden war.

[4] : „Krämerelle“ : die Elle eines Krämers, somit ein doch eher grobes Mass, wie uns so taxierte Genies glaubhaft versicherten und auch wir finden wollen. Unter Wikipedia: <https://de.wikipedia.org/wiki/Kr%C3%A4mer-Elle> um das Latein ein wenig aufzupolieren: „ulna mercatorum“ <https://www.dwds.de/wb/dwb/kramerelle>.

[5] : „Dünkel“ : Anmaßung, Einbildung, Eitelkeit, Hochmut bei innerer Hohlheit (entnommen aus: Wahrig Deutsches Wörterbuch, Renate Wahrig-Burfeind, 9. Auflage, wissenmedia in der inmesia ONE] GmbH, 2011. ISBN 9783577075954)

[6] : „Liebesbriefsteller“ : Auch die versiertesten Liebesbriefeschreiberlinge unter uns würden sich vermutlich nicht eben so bezeichnen. Den Antragsteller, den kennen wir noch: der Verfasser eines Antrages. Oder vielleicht auch den Bittsteller, den Verfasser einer Bitte. Oder auch den Weichensteller (siehe auch „steller, m.“ hier: <https://www.dwds.de/wb/dwb/steller>).

[7] : „Narrhalla“ : Da ist man schnell dabei, N. zur Nachbarnation von Narragonien [8], dem Ziel des Narrenschiffs, zu machen. Aber so einfach ist das nicht: „Wer erfand das Land Narrhalla?“ <https://german.stackexchange.com/questions/49932/wer-erfand-das-land-narhalla> abgerufen am 27.02.2025.

[8] : „Narragonien“ : siehe dazu „Wahrheit“ in jottBlog oder auch in: „Das Narrenschiff“, Sebastian Brant, 1494.


[Zitationshilfe] : „Liegt Narrhalla neben Narragonien?“ unter jottBlog : <https://jottblog.langkau.name/2025/02/28/liegt-narrhalla-neben-narragonien/> : aufgerufen am 00.00.20xx.


Wie schwer ist eine Kreditkarte?

Wie der World Wide Fund for Nature in einer Studie herausgefunden hat, konsumiert der Durchschnittsamerikaner mittlerweile jede Woche eine Menge an Mikroplastik, die für die Erzeugung einer Kreditkarte genügen würde.

Das dürfen wir einem, nicht gerade die gute Laune fördernden, aber sehr lesenswerten Buch entnehmen, welches Herr Rushkoff für uns geschrieben hat: „Survival of the Richest“ (das Überleben der Reichsten) [1]. Ihm geht es darin weniger um den Durchschnittsamerikaner, auch nicht darum, wie schwer eine Kreditkarte ist und er nimmt auch nicht Umweltkatastrophen unter die Lupe [2] – nein, der Titel des Buchs sagt alles.

Eine Kreditkarte wiegt ungefähr 5 Gramm.

jott


[1] : Survival of the Richest (Warum wir vor den Tech-Milliardären noch nicht einmal auf dem Mars sicher sind), Douglas Rushkoff, 1. Auflage, Suhrkamp, 2025. ISBN 9783518029992

[2] : Wijnand de Wit/Nathan Bigaud, „Plastic in Nature. Assessing Plastic Ingestion from Nature to People“. World Wide Fund for Nature (2019) <https://www.wwf.eu/?348458/Plastic-ingestion-by-people-could-be-equating-to-a-credit-card-a-week> abgerufen am 26.02.2025; PDF <https://wwfeu.awsassets.panda.org/downloads/plastic_ingestion_web_spreads.pdf> abgerufen am 26.02.2025.


[Zitationshilfe] : „Wie schwer ist eine Kreditkarte?“ unter jottBlog : <https://jottblog.langkau.name/2025/02/26/wie-schwer-ist-eine-kreditkarte/> : aufgerufen am 00.00.20xx.


Thailand, eine Kolonie?

Nachdem Pelle ein Gedicht auf die Rückseite seines Stimmzettels geschrieben hatte [1], besuchten wir ein vietnamesisches Restaurant. Lecker (also, nicht das Restaurant, sondern die angebotenen Speisen)! Und es gab auch Hopfenkaltschalen, wie im Bildchen zu sehen und eine aus der indirekten Nachbarschaft [2] von Vietnam, Thailand, nämlich, das durchaus schmackhafte Chang [3].

Bild: Beweisbild.

Dem auswärtigen Amt der Bundesrepublik Deutschland wollen wir Folgendes [4] gerne glauben

Thailand war in seiner Geschichte nie kolonialisiert worden. Das Land ist gemäß der Verfassung vom 06.04.2017 ein Königreich mit demokratischer Regierungsform und dem König als Staatsoberhaupt.

Chang findet in dem von uns nun Geglaubten keine Erwähnung, da sich das auswärtige Amt vermutlich nicht nachsagen lassen möchte, den Konsum von Alkohol und den damit verbundenen Schlendrian zu fördern. Erwähnung findet allerdings das „Königreich mit demokratischer Regierungsform“ [5]. Dies mag auf den ersten Blick von geringer Bedeutung sein, allerdings ist auf den Zweiten zu erkennen, dass es mindestens zwei der derzeit (Februar 2025) drei bekannten ostwestfälischen Stimmzettelgedichte explizit auf Könige verweisen [6]! Vielleicht sollte das auswärtige Amt einmal aus dem beamtenhaften Halbdunkel treten und eine Anfrage formulieren, die die Deutschen vom Kanzler-Gedöns befreit und wenn schon nicht zu einem Kaiser, so doch wenigstens zu einem König verhelfen würde? Oh, was würde dieses Ansinnen die hiesigen, sich auf die Geschicke, Belange und Notwendigkeiten des Adels konzentrierenden Fachzeitschriften freuen: „König abdul verlor Schlüssel vom Schloss! Wie war die erste Übernachtung auf dem goldenen Fahrradsattel?“ oder „König Pelle verlor den Überblick über seine Schlossschlüsselsammlung: Einer zu viel! Was nun?“.

Thailand ist also nie kolonialisiert worden – kurz und beinahe kam der Verdacht auf, dass unsere ostwestfälischen Freunde dereinst auch dort die Finger mit im Spiel hatten…

Bild: das schönste Wappen aller Bundesländer.

jott


[1] : Pelles Stimmzettelgedicht folgt gewissenhaft dem nur Wenigen bekannten ostwestfälischen Versmaß, dem Bad Lippspringer Rumpelfix

abdul, ein Eydeet,

bei mir als König an der Spitze steht!

…dessen Anwendung im jottBlog ebenfalls nachgelesen werden kann: „Was macht ein Erdbearbeiter im Eichenkrug?“, <https://jottblog.langkau.name/2025/02/14/was-macht-ein-erdbearbeiter-im-eichenkrug/> (hier finden sich die weiteren Zwei der uns bekannten Stimmzettelgedichte!).

[2] : „indirekte Nachbarschaft“ : dazwischen liegen Laos und auch Kambodscha. Hier noch ein exklusives Essay: „Bier aus der Nachbarschaft, ziemt sich das?“ : Wobei man sich grundsätzlich fragen möge, ob es überhaupt statthaft ist, (zum Beispiel) in einer deutschen Kneipe italienisches Bier zu verkaufen. Wohl eher nicht! Gar ein Wirt mit westwestfälischen Wurzeln, der etwas auf sich hielte und sich so aufopfernd um die Gesundheit seiner Gäste bemühte, würde jenen nicht einmal im Traum ein kohlensäurearmes, geschmackreduziertes und entfernt an Bieraromen erinnerndes Kaltgetränk aus dem Hochsauerlandkreis zumuten! Der münsterländer Wirt täte es nicht – aus Angst vor der Hölle. Der Wirt aus dem Pott aus Angst um sein Leben und vor dem berechtigten Entzug der Ausschanklizenz. Im Rheinischen kann da nichts schiefgehen, denn dort kennt man kein Bier.

[3] : „Chang“ : „Thai Beverage Public Company Limited“ oder „Lang lebe der König“ (bitte aufrufen, dann erneut anklicken) : <https://www.thaibev.com> : aufgerufen am 13.02.2025

[4] : „Thailand: Politisches Porträt“, eine kurze Einführung des auswärtigen Amts der Bundesrepublik Deutschland : <https://www.auswaertiges-amt.de/de/service/laender/thailand-node/politisches-portraet-201612> : aufgerufen am 13.02.2025

[5] : „Königreich mit demokratischer Regierungsform“ : sicherlich haben hier alle Leser beim Erstlesen unverzüglich ein knapperes Oxymoron gebildet „demokratisches Königreich“. „Alter Knabe“, „jugendlicher Greis“ oder „gesprächiger Ostwestfale“ waren sicherlich des Erstlesers Inspirationen!

[6] : Stimmzettelgedichte mit royalem Bezug : das hier Aufgeführte [1] und dieses, einem Eydeeten zugesprochene, zu finden unter jottBlog <https://jottblog.langkau.name/2025/02/14/was-macht-ein-erdbearbeiter-im-eichenkrug/>, aufgerufen am 13.02.2025

[Zitationshilfe] : „Thailand, eine Kolonie?“ unter jottBlog : <https://jottblog.langkau.name/2025/02/17/thailand-eine-kolonie/> : aufgerufen am 00.00.20xx.

Was macht ein Erdbearbeiter im Eichenkrug?

Dass die Ostwestfalen sich der Dichtkunst verpflichtet fühlen, das durfte sicherlich der ein oder andere Hesse bereits in der Vergangenheit gewusst haben – wie mit Hilfe dieser findig in den demokratischen Prozess eingegriffen werden kann, verdient allerdings besondere Beachtung!

Wir wollen lesen [1]

Reichspräsidentenwahl 1932

Es stand die Wahl des Staatsoberhauptes des Deutschen Reiches an. Auch die Pivitsheider Bürger waren aufgerufen, im Wahllokal Eichenkrug ihre Stimme abzugeben. Dem alten Freytag war klar, wen er an die Spitze des Reiches zu wählen hatte, nur war der leider nicht auf dem Wahlschein vermerkt. Kurzerhand strich er alle Namen durch und schrieb auf die Rückseite folgendes:

„Wen wähle ich?

Der Hindenburg ist mir zu alt,

und Duesterberg, der läßt mich kalt.

Auch Thälmann ist kein großes Licht,

ob’s Hitler ist, das weiß ich nicht!

Weil in der Bibel steht geschrieben:

Stets sollst du deinen Nächsten lieben,

so wähl ich an des Reiches Spitze

heut‘ Nachbar Barkemeiers Fritze!“

Selbstverständlich versah dieser mutige lippische Wähler sein Verschen nicht mit seiner Unterschrift, so daß alsbald Spekulationen über den Verfasser in Gang kamen. Da man in damaligen strengen Zeiten die Staatsspitze nicht so ohne weiteres verunglimpfen durfte, wurde der seinerzeitige Gendarmeriemeister Fritz Sobbe mit der Aufklärung beauftragt. Dieser hatte sogleich den richtigen Verdacht, denn seiner Meinung nach konnten die Zeilen nur von Freytags „Schorse“ [2] stammen. Er besorgte sich unauffällig eine Schriftprobe, und beim Vergleich erhärtete sich sein Verdacht.

So erhielt der alte Freytag im nachhinein eine Geldstrafe und der Gendarmeriemeister Sobbe als Belohnung eine Einladung zu einem Lehrgang zum Ausfindigmachen von Wilddieben auf der Polizeischule in Berlin.

Wo liegt eigentlich dieser Ort Pivitsheide [3], dessen Name Vielen nicht bekannt. Gibt’s denn diesen Ort überhaupt? Es gibt ihn, unweit von Detmold, nämlich hier:

Bild: Pivitsheide gibt es wirklich, westlich von Detmold.

Und im Wikipedia-Eintrag [3] dürfen wir lesen

Als erste bauten die Besitzer des traditionsreichen Eichenkruges Spargel auf dem leichten Sandboden [4] an, der im Mai zusammen mit Sennekartoffeln und Schinken verzehrt wurde.

Prima! Spargel, Kartoffel, Schinken – so muss das! ALLERDINGS: der Eichenkrug wird unter der Vogtei Heiden (VH) genannt! Wie kann das sein, wo doch hiermit die bei den Ostwestfalen in der Genetik verankerten Präzision massiv verletzt wird? Denn der Eichenkrug liegt in der Vogtei Lage (VL), wird aber im zugehörigen Wikipedia-Eintrag nicht erwähnt! Na, wenn das mal unter den Pivitsheidern bekannt würde, dann führte diese Aneignung bestimmt zu militärischen Auseinandersetzungen zwischen den Rechtsinstitutionen [5]…
Egal, „Eichenkrug“! Klar, aber was erwartet man bei den Ostwestfalen auch Anderes? Da hatte (hat) bestimmt jede Dorfbauernschaft ’ne Kneipe, in denen Stimmzettelgedichte ganz selbstverständlich ersonnen und sich gepflegt die Wahlen schön-getrunken wurden!

Oh, da ist aber was schief gelaufen: Der Eichenkrug wurde abgerissen, um einem schnöden Konsumbunker Platz zu machen! Überbleibsel wurden gesichert. In der Lippische Landes-Zeitung, März 2009 [6]:

Nunmehr wollen die Pivitsheider den Schriftzug [„Eichenkrug“] in eine Eichenbohle schnitzen lassen. Sie hoffen, ihn dermaleinst [7] in einer neuen Gaststätte an gleicher Stätte anbringen zu können.

Bild: Damals, der Eichenkrug. Im Vordergrund eine Ferrari-Rote Kutsche, ein Vierspänner (Pferde nicht im Bild). Gängiges und bewährtes Fortbewegungsmittel in Ostwestfalen. (Quelle: <https://de.m.wikipedia.org/wiki/Datei:Eichenkrug2009.jpg>)

Bild: Heute, weg sind die Vierspänner, weg ist das Wahllokal, da ist der Konsumbunker. Ampeln veröden mit einem, dem Zufall überlassenen Lichtspiel, die ehemals stolze Kreuzung am Eichenkrug,. (Quelle: <https://de.m.wikipedia.org/wiki/Datei:Einkaufszentrum_Eichenkrug_Pivitsheide_V.L..JPG>)

Somit komprimiert: der Ostwestfale, ein traditionsbewusster, demokratischer, dichtender und den Nächsten liebender Pichelbruder. Dieses lehrt den Westfalen das Studium des „Lippisches Schmunzel Brevier“ [1], jedem als ergiebige Quelle angeraten, wenn es heisst, den ostwestfälischen Schwingungen achtsam nachfühlen zu wollen.

Nun stellt sich die Frage, was wohl bei abdul, einem ostwestfälischen Eydeeten, dieser Tage hinten auf dem Wahlzettel steht? Vielleicht

„Sei im Kopf doch helle

und wähl‘ geschwind den König Pelle!“

jott


[1] : Lippisches Schmunzel Brevier, Simon Dröge, Verlag F. L. Wagener 1982, ISBN 3-921428-46-7

[2] : „Schorse“ : Spitzname für „Georg“, dem griechischen „Georgios“, einem zweigliedrigen Vornamen: „gē“ = Erde (griechisch) und „érgon“ = Arbeit (griechisch), somit könnte man mit einer wörtlichen Übersetzung zu „Erdbearbeiter“ kommen. „Landarbeiter“ geht aber auch.

[3] : Pivitsheide unter OpenStreetMap : <https://osmand.net/map?pin=51.947720,8.810461#14/51.9477/8.8105> und unter Wikipedia: <https://de.wikipedia.org/wiki/Pivitsheide_V._H.>

[4] : „leichter Sandboden“ : eine weitere Betrachtung über die Beschaffenheit des ostwestfälischen Bodens ist hier zu finden: „Swalklöeker“, unter jottBlog : <https://jottblog.langkau.name/2025/02/12/swalkloeeker/>, abgerufen am 13.02.2025

[5] : „Rechtsinstitution“ : so kann wohl der Begriff „Vogtei“ ins Zeitgenössische gebracht werden: <https://www.dwds.de/wb/dwb/vogtei>

[6] : „In der Erinnerung bleibt der ‚Eichenkrug‘ erhalten“ in der Lippische(n) Landes-Zeitung <https://www.lz.de/lippe/detmold/2879967_In-der-Erinnerung-bleibt-der-Eichenkrug-erhalten.html>, aufgerufen am 13.02.2025.

[7] : „dermaleinst“ : es ist anzumerken, ein „zukünftig“ hätten vermutlich auch manche verstanden, aber der Ostwestfale, der Schönheit der Sprache verpflichtet, kann da einfach nicht anders! : <https://www.dwds.de/wb/dwb/dermaleinst>


[Zitationshilfe] : „Was macht ein Erdbearbeiter im Eichenkrug?“ unter jottBlog : <https://jottblog.langkau.name/2025/02/14/was-macht-ein-erdbearbeiter-im-eichenkrug/> : aufgerufen am 42.42.4242.


Swalklöeker

Die Swalklöeker

In dem Kalksteingebirge Westfalens gibt es viele swalklöeker. Zwischen Siddinghausen [1] und Weine [2] bei Büren ist ein solches Schwalchloch [3] auf einer Wiese; es soll dadurch entstanden sein, daß eine ungetaufte Gloeke von dem Turme zu Sigginghausen in den Erdboden geschlagen ist.

Dieses dürfen wir dem Buch „Sagen, Märchen, Legenden und Aberglaube aus Ostwestfalen-Lippe“ [4] auf Seite 179 entnehmen.

Bild: Zu Fuß von Weine nach Siddinghausen. (Quelle OpenStreetMap, 2025)


Jetzt mag man sich fragen, warum ich die Sage „Die Swalklöeker“ so besonders lieb habe. Also, das kam so:

Dereinst tat ich kund, dass Aberglaube dieser Tage stärker verbreitet sei, als man so im Stillen vor sich hin dächte. Und ich fügte – da ich der Überzeugung war, damit besser überzeugen zu können – als Beispiel an, dass ja auch gerade unter ostwestfälischen Schalker Fußball-Fans, ein als Gewissheit getarnter Aberglaube, nämlich, dass der S04 [5] so oder so demnächst wieder Deutscher Meister würde, sehr weit verbreitet wäre.

Ich tat dies zwei Ostwestfalen kund, von denen einer der Beiden, ein Eydeet [6], eben Fan des genannten Fussballvereins ist. (Nein! Ich schreibe besser: ein Sklave, dessen Gene zu 38% mit denen des S04-Stadionrasens übereinstimmen.)

Bild: Herr Professor Dr. Abdul Nachtigaller, ein Eydeet. ([6])

Der andere Kundeempfänger, ebenfalls Ostwestfale, schickte mir einen Grobi-Verbinder [7] zu, der auf ein Buch in einem elektronischen Laden [8] zeigte (Ja, es ist tatsächlich so, dass es bereits seit zwei, drei Jahren auch in Ostwestfalen das Grobi gibt!). Dieses angebotene Buch wurde dankenswerter Weise mit dessen Inhaltsverzeichnis beworben und demnach befände sich wohl auf der Seite 179 die Sage (das Märchen, die Legende oder auch der Aberglaube) „Die Swalklöeker“ großzügig nieder geschrieben. Und ich dachte: „Ok, das könnte doch mit Schalkern zu tun haben!“. Und so angeregt, bestellte ich das Buch, welches dann allerdings nicht, wie von mir erhofft, mit einem Vierspänner (wie diese doch häufig in den großen Wäldern Ostwestfalens anzutreffen sind) vor mein Haus gebracht und von dessen Kutscher ausgehändigt wurde. Das ist nun die Geschichte.

Jetzt wissen wir also: „Swalklöeker“ hat nix mit Schalkern zu tun. Wir wissen ebenfalls, dass die Orte Weine und Siddinghausen in der Nähe von Büren zu finden sind und auch, dass den ostwestfälischen Ingenieuren, vor allem, wenn man sich ich der Nähe von aufgehängten, doch leider ungetauften Glocken befindet, nicht vorbehaltlos Vertrauen geschenkt werden sollte. Wir wissen aber auch, dass die Wälder in Ostwestfalen groß sind und dass Steine dort eher die Konsistenz von Wattebäuschchen haben.

Was wir nicht wissen, ist, ob die Ostwestfalen keine Vierspänner mehr haben, aber auch nicht, ob S04 jemals Deutscher Meister werden wird. Also, ich glaube nicht. Nicht in diesem Universum. Ich hörte, in Einem, dem unserigen benachbart, soll so etwas möglich sein.

jott


[1] : Siddinghausen (Büren) : Wiki <https://de.wikipedia.org/wiki/Siddinghausen_(Büren)>; OSM <https://osmand.net/map?pin=51.520801,8.530278#14/51.5208/8.5303>

[2] : Weine (Büren) : Wiki <https://de.wikipedia.org/wiki/Weine_(Büren)>; OSM <https://osmand.net/map?pin=51.541701,8.524715#16/51.5417/8.5247>

[3] : „schwalch“, in: Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, Erstbearbeitung (1854–1960), digitalisierte Version im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache, <https://www.dwds.de/wb/dwb/schwalchü>, abgerufen am 29.01.2025.

[4] : Sagen, Märchen, Legenden und Aberglaube aus Ostwestfalen-Lippe; gesammelt von Helge Dettmer; Phönix Werbung und Verlag, 1988; ISBN 3-8124-0065-0



[5] : „S04“ : Was viele nicht wissen, ist, es heißt ganz ausgeschrieben „FC Gelsenkirchen-Schalke 04 e.V.“. Im Wesentlichen tritt man in diesem eingetragenen Verein gegen Fussbälle, deswegen steht das „F“ im „FC“ auch für Fussball, glaube ich. Man sagt, dieses gegen den Ball Treten der Schalker soll an ein Spiel, dem Fussballspiel, erinnern. Dass es sich bei diesem Verein offensichtlich um einen recht Jungen, und nach Tradition Ausschau haltenden, handeln muss, erkennt man an dem Jahr seiner Gründung: 1904 – was sich im Vereinsnamen mit „04“ zu erkennen gibt. Ein Traditionsverein, wie der VfL Bochum 1848, hatte da bereits seit 56 Jahren das Fussballspiel für sich ausformuliert und verfeinert und gibt bereits im Namen, durch die Nennung des Jahrhunderts, die Liebe zum präzisen Detail zu erkennen, die auf Schalke oft vermisst wird. Aber der Ostwestfale ist gelehrig, wie wir an dem nachfolgend zitierten Buch [5.2] erkennen können und scheut sich nicht, das Kind beim Namen zu nennen! Wie auch immer, „S04“, die offizielle Heimatseite <https://schalke04.de/>

[5.2] : Als der Fußball noch in den Kinderschuhen steckte. Fußball in OWL 1918-1945 :

Bild: Schon den jüngsten Ostwestfalen wird beigebracht, die erlegte Beute mit dem rechten Fuß zu sichern.
<https://www.ostwestfaelisch.de/produkt/als-der-fussball-noch-in-den-kinderschuhen-steckte-fussball-in-owl-1918-1945/#prettyPhoto>, letzter Aufruf 30.01.2025;

[6] : Eydeet : <https://zamonien.fandom.com/de/wiki/Prof._Dr._Abdul_Nachtigaller>

[7] : Grobi-Verbinder : der „Verbinder“ auch bekannt unter „Link“. „Grobi“ ist das „GROsse Böse Internetz“. Manche sagen zum „Internetz“ auch auf englisch „Internet“, aber eigentlich weiß keiner genau was das ist und auch nicht, was da eigentlich verbunden wird.

[8] : Der OWL-Shop : <https://www.ostwestfaelisch.de>


Zitationshilfe :: „Swalklöeker“, unter jottBlog : <https://jottblog.langkau.name/2025/02/12/swalkloeeker/>, abgerufen am 00.00.20xx


Wahrheit

Die Wahrheit wird nie wertlos sein,

Und wenn sich Narren den Hals abschrein.

Sebastian Brant


Herr Brant [1] hat 1494 einen Bestseller rausgehauen, der auch noch heute (Februar 2025) im Buchhandel käuflich zu erwerben ist, „Das Narrenschiff“ [2] – und das auch in einer Übertragung in das Deutsche der Gegenwart, so dass es ein wenig kremiger zu lesen ist [3]…

Gerade auch Politikern soll dieses Buch unumwunden empfohlen werden – jedenfalls denjenigen, die ernsthaft auf der Suche nach Narragonien [4] sind. Die explizite Nennung dieser Kaste (Politiker) hat einen Grund, der bei einem Blick in das Deutsche Geschichtsbuch und dem Datum (Januar, Februar 2025) der Veröffentlichung dieses Textes steht.

Artgenossen, deren Wirken eher auf Konkretes und Privates abzielt, darf ebenfalls versichert werden im Narrenschiff zahlreiche praktische Anregungen finden zu dürfen, die verheißen, das eigene Sein und Tun dem Unterkomplexen zu entreißen.

jott

P.S.: dieser Eintrag, „Wahrheit“ leitet damit am 03.02.2025 eine Erweiterung des jottBlog ein. Nur so für’s Protokoll.


[1] : Sebastian Brant unter Projekt Gutenberg : <https://www.projekt-gutenberg.org/autoren/namen/brant.html>; unter Wikipedia: <https://de.wikipedia.org/wiki/Sebastian_Brant>

[2] : „Das Narrenschiff“ unter Projekt Gutenberg, <https://www.projekt-gutenberg.org/brant/narrens/index.html>; unter Wikipedia <https://de.wikipedia.org/wiki/Das_Narrenschiff_(Brant)>


[3] : „Das Narrenschiff“ auf totem Baum und besser lesbar, ein Beispiel: Anaconda Verlag (Hermann August Junghans), ISBN 978-3-7306-1164-7

[4] : Narragonien Digital : <https://www.narragonien-digital.de/exist/index.html>


Zitationshilfe :: „Wahrheit“, unter: jottBlog, <https://jottblog.langkau.name/2025/02/03/wahrheit/>, abgerufen am 00.00.0000