Weltanschauung

Reife der Eigenschaften

Die Gegenwart ist ein Zeitalter mechanischer und chemischer Entdeckungen und Erfindungen. Sie ist eine wissenschaftliche Epoche und eine Periode materieller Vollendung; ihr aber wird eine soziologische Zeit folgen, eine Aera der ethischen und philosophischen Vollendung und der Entwicklung einer höheren psychischen Kultur – kurz eine Reife der geistigen und moralischen Eigenschaften, die zu höchster Blüte gelangen werden.

Dies wollen wir Hudson Maxim wohl gerne und inbrünstig glauben! Er schreibt das hier zitierte in dem Kapitel „Das 1000 jährige Reich der Maschinen“, dem ersten Kapitel des Buches „Die Welt in 100 Jahren“, bereits 1910 schon so etwas wie ein Bestseller! Und es ist wohl auch der Bemerkung wert, dass es 2010 (!) das „Wissenschaftsbuch des Jahres“ wurde.

Durfte es das? „Ja“, es durfte. Aber wir sehen uns genötigt festzustellen, dass mit der im Zitat erwähnten „Aera“ nicht unsere Zeit (2025) gemeint sein kann, da, auch bei bemühtester Ausschau nach den zur „höchsten Blüte“ gereiften Eigenschaften, nix Dergleichen zu sichten ist.

Warten wir halt noch ein bisschen.

jott

(ER gewidmet)


Die Welt in 100 Jahren, 9. Nachdruck der Ausgabe Berlin 1910, basierend auf einem Exemplar der Staats- und Stadtbibliothek Augsburg, Signatur 4°LD 454, Georg Olms Verlag AG, Hildesheim 2013. ISBN 9783487083049


[Zitationshilfe] : „Reife der Eigenschaften“ (Die Welt in 100 Jahren), unter jottBlog : <https://jottblog.langkau.name/2025/09/02/reife-der-eigenschaften/> : aufgerufen am 00.00.20xx.

#-#-#-#-#

Sind die Gedanken frei?

Die Gedanken sind frei!

Die Gedanken sind frei!
Wer kann sie erraten?
Sie fliehen vorbei
wie nächtliche Schatten.
Kein Mensch kann sie wissen,
kein Jäger erschießen
es bleibet dabei:
Die Gedanken sind frei!

Ich denke, was ich will,
und was mich beglücket,
doch alles in der Still,
und wie es sich schicket.
Mein Wunsch und Begehren
kann niemand verwehren,
es bleibet dabei:
die Gedanken sind frei.

Ich liebe den Wein,
mein Mädchen vor allen,
sie tut mir allein
am besten gefallen.
Ich bin nicht alleine
bei meinem Glas Weine,
mein Mädchen dabei:
die Gedanken sind frei.

Und sperrt man mich ein
im finsteren Kerker,
das alles sind rein
vergebliche Werke;
denn meine Gedanken
zerreißen die Schranken
und Mauern entzwei:
die Gedanken sind frei.

Drum will ich auf immer
den Sorgen entsagen
und will mich auch nimmer
mit Grillen mehr plagen.
Man kann ja im Herzen
stets lachen und scherzen
und denken dabei:
die Gedanken sind frei.

Das Liedchen – anfänglich irgendwann im 18. Jahrhundert zusammengefummelt – wurde von Herrn von Fallersleben 1842 etwas aufgehübscht, so, wie wir es weitestgehend auch heute noch kennen.

Wir erlauben uns allerdings und aus gegebenem Anlass, zu einer Erweiterung, der 6. Strophe

Hab tolle Ideen,
bin kurz vor'm Nobelpreis!
Soll niemand dieses seh'n,
mein Hirnschmalz und Hirnfleiß!
Will schützen der Gedanken Meng',
denk' ich "Tschitti Tschitti Bäng Bäng"!
Und mach' ich derlei:
sind die Gedanken nicht frei!

Wir hören sie da draussen raunen, ‚Was ist denn da wieder im jottBlog los? Wer gebietet denn endlich solcher Schreiberei Einhalt?!? Wie kann man sich nur dermaßen vergreifen?!?‘, wir wollen eine beschwichtigende Erklärung einreichen, um Milde bitten und zwar:

Treue jottBlog-Leser wussten gleich bei der 6. Zeile der 6. Strophe, worauf es hinauslaufen wird – alle anderen Leser mögen unverzüglich „KI-Unfall“, den Fall „59“ aufsuchen, um der bohrenden Ungewissheit entkommen zu können!

jott


Das Lied im Wiki : <https://de.wikipedia.org/wiki/Die_Gedanken_sind_frei> (abgerufen 25.08.2025)

„Tschitti Tschitti Bäng Bäng“ : IMDb : <https://www.imdb.com/title/tt0062803/> (abgerufen 25.08.2025)


[update, 02.09.2025 : „#rp25-Sprecher Janosch Delcker: Sind unsere Gedanken bald nicht mehr frei?„, 25.03.2025 : <https://re-publica.com/de/news/rp25-sprecher-janosch-delcker-sind-unsere-gedanken-bald-nicht-mehr-frei>]

[Zitationshilfe] : „Sind die Gedanken frei?“, unter jottBlog : <https://jottblog.langkau.name/2025/08/25/sind-die-gedanken-frei/> : aufgerufen am 00.00.20xx.

#-#-#-#-#

Darf der das?

Schrebergartensiedlung. Drei Kleingärten, zwei liegen gleich nebeneinander, der Dritte irgendwo und grenzt nicht an die zwei Erstgenannten.

Einer der zwei Erstgenannten vertritt die Auffassung, es wäre angemessen, den Zaun, der sein Grundstück von dem seines Nachbarn abzugrenzen versteht, einfach mal zu versetzen, so dass eben sein eigenes Grundstück größer würde und überhaupt, es handele sich da um fruchtbaren Boden, den dieser Nachbar (dessen Gesinnung seiner Auffassung nach eh eher fragwürdig ist) einfach nicht für sich beanspruchen dürfe!

Der Streit, der nicht lange auf sich warten liess, als er den Zaun ganz einfach und selbstverständlich versetzte, wollte irgendwie nicht Enden. Also wurde der dritte Kleingärtner (der sich ohnehin für Alles zuständig fühlte; schon hier und da wird „Blockwart!“ geraunt, wenn er den Raum betritt…) zurate gezogen, so dass die Angelegenheit im Sinne dessen, der den fruchtbaren Boden seinem Kleingarten zuzuschlagen trachtete, wohl erledigt würde – oder auch nicht?

Die Schrebergartensiedlung insgesamt wunderte sich, so oder so, wie es wohl sein konnte: gab es nicht Statuten der Klingartenanlage, nach denen sich alle zu benehmen hätten?

jott


„Schrebergarten“ (Kleingarten) : Wikipedia : <https://de.wikipedia.org/wiki/Kleingarten> (abgerufen 15.08.2025)


[Zitationshilfe] : „Darf der das?“ unter jottBlog : <https://jottblog.langkau.name/2025/08/15/darf-der-das> (aufgerufen 00.00.20xx).

#-#-#-#-#

Wer war Alchemist?

Doch mit dem Siegeszug der Naturwissenschaft im Zeitalter Keplers, Galileis, Descartes oder Newtons trat der Gelehrte an die Stelle des Alchimisten. Die Aufklärung ersetzte das Wunder durch die Vernunft, in der das Mittelalter noch den »Geist des Bösen« gesehen hatte.

Diese zwei Sätze wollen wir dem Geleitwort des damaligen Ministerpräsidenten des Saarlandes (1985 – 1998), Oskar Lafontaine, entnehmen, welches er dem von Herrn van Dülmen 1987 herausgegebenem Buch „Hexenwelten“ widmete.

Wir wollen uns nicht weiter an den im Text verwobenen wissenschaftgeschichtlichen Kinkerlitzchen aufhalten, wer da an wessen Stelle getreten ist, und so fort…

….aber, wähnten wir uns in der Gewissheit, dass Herr Lafontaine, dem alchemistische Belange offensichtlich nicht wumpe waren, uns antworten wollen würde:

Wir würden ihn zu gern gefragt haben, was denn wohl die Zutaten seien für eine manifeste Weisheit, so dass wir aus unedlen Gesinnungen durch Transmutation eine Goldene Politik – nein, besser noch, eine lebenswerte Gesellschaft gewönnen!

jott


Hexenwelten (Magie und Imagination), Richard van Dülmen (Herausgeber), Fischer Verlag, 15.-16. Tausend: Februar 1993. ISBN 9783596243754. [Dieses Buch war eine Ergänzung zu einer damals gleichnamigen Ausstellung]

Oskar Lafontaine : unter Wikipedia (ein mächtiger Eintrag, in dem allerdings die Buchstabenfolge „alchem“ nicht vorkommt )-: aber Herrn Lafontaines Affinität zur damalig noch existierenden DDR!) <https://de.wikipedia.org/wiki/Oskar_Lafontaine> (abgerufen 02.08.2025)


[wissenschaftgeschichtliche Kinkerlitzchen] :

Isaac Newton : Wikipedia <https://de.wikipedia.org/wiki/Isaac_Newton>; und hier finden wir dann auch angemerkt:

Neben seinen physikalischen Arbeiten und dem Studium der Bibel beschäftigte er sich sein ganzes Leben hindurch auch mit Alchemie. 

…da wir ja nun wissen, dass man dem Wiki nicht immer glauben soll, finden wir das aber auch bestätigt in:

Geschichte der Alchemie, Claus Priesner, C.H. Beck, 2011. ISBN 9783406616013


[1. Zutaten / 2. manifeste Weisheit / 3. unedle Gesinnung / 4. goldene Politik / 5. lebenswerte Gesellschaft] :

Also, zuerst fummelte der Alchemist mit der materia prima (1.), diesem nebulösen Ausgangsstoff, den wir leichtgläubig als „Substanz in gewisser Weise“ verstehen wollen, den Stein der Weisen (2.; auch lapis philosophorum, auch ultima materia) zusammen. Dieser, nun auf dem Labortisch des Adepten liegend, kann nicht nur alles andere in seine Bestandteile auflösen, sondern auch transmutieren, nämlich unedle (3.) in edle (4.) Metalle, wie zum Beispiel in Gold. Und außerdem auch das eigentliche Ziel alchemistischer Bemühungen hervorbringen, das Elexir vitae (5.), mit dem man dann eine ganze Reihe schöner Sachen anstellen kann!

Lexikon der magischen Künste, Hans Biedermann, VMA-Verlag, 3. Auflage, 1998. ISBN 3928127594

Materia Prima (Die geheimen Bilder der Alchemie), Hans Biedermann, Matrix Verlag, 2006. ISBN 9783865391018

Alchemisten bei der Arbeit (2025) : zum Beispiel unter Spektrum der Wissenschaft („Kann ein Fusionsreaktor wirklich Gold herstellen?“) : <https://www.spektrum.de/news/kernfusion-kann-ein-fusionsreaktor-wirklich-gold-erbrueten/2280023> (abgerufen 02.08.2025)


[Zitationshilfe] : „Wer war Alchemist?“ unter jottBlog : <https://jottblog.langkau.name/2025/08/02/wer-war-alchemist/> (aufgerufen 00.00.20xx).

#-#-#-#-#

Wahrheit

Die Wahrheit wird nie wertlos sein,

Und wenn sich Narren den Hals abschrein.

Sebastian Brant


Herr Brant [1] hat 1494 einen Bestseller rausgehauen, der auch noch heute (Februar 2025) im Buchhandel käuflich zu erwerben ist, „Das Narrenschiff“ [2] – und das auch in einer Übertragung in das Deutsche der Gegenwart, so dass es ein wenig kremiger zu lesen ist [3]…

Gerade auch Politikern soll dieses Buch unumwunden empfohlen werden – jedenfalls denjenigen, die ernsthaft auf der Suche nach Narragonien [4] sind. Die explizite Nennung dieser Kaste (Politiker) hat einen Grund, der bei einem Blick in das Deutsche Geschichtsbuch und dem Datum (Januar, Februar 2025) der Veröffentlichung dieses Textes steht.

Artgenossen, deren Wirken eher auf Konkretes und Privates abzielt, darf ebenfalls versichert werden im Narrenschiff zahlreiche praktische Anregungen finden zu dürfen, die verheißen, das eigene Sein und Tun dem Unterkomplexen zu entreißen.

jott

P.S.: dieser Eintrag, „Wahrheit“ leitet damit am 03.02.2025 eine Erweiterung des jottBlog ein. Nur so für’s Protokoll.


[1] : Sebastian Brant unter Projekt Gutenberg : <https://www.projekt-gutenberg.org/autoren/namen/brant.html>; unter Wikipedia: <https://de.wikipedia.org/wiki/Sebastian_Brant>

[2] : „Das Narrenschiff“ unter Projekt Gutenberg, <https://www.projekt-gutenberg.org/brant/narrens/index.html>; unter Wikipedia <https://de.wikipedia.org/wiki/Das_Narrenschiff_(Brant)>


[3] : „Das Narrenschiff“ auf totem Baum und besser lesbar, ein Beispiel: Anaconda Verlag (Hermann August Junghans), ISBN 978-3-7306-1164-7

[4] : Narragonien Digital : <https://www.narragonien-digital.de/exist/index.html>


Zitationshilfe :: „Wahrheit“, unter: jottBlog, <https://jottblog.langkau.name/2025/02/03/wahrheit/>, abgerufen am 00.00.0000

Pop-Erfahrung

…und wenn man auf etwas, das man für selbstverständlich gehalten hat, nochmal so draufschaut, sieht man es neu, und das ist eine gute Pop-Erfahrung.

POPism, Andy Warhol & Pat Hackett, Schirmer/Mosel (2008), Seite 331

Rudel-Mentalität

“Immer wieder brechen krude ››Sünden‹‹ wie Habgier oder Rudel-Mentalität hässlich, aber verstohlen durch unsere sorgsam kultivierten Muster des perfekten Denkens – ausgerechnet dann, wenn wir uns einbilden, wie wären nahe an der technischen Perfektion.“


Jaron Larnier, „Wenn Träume erwachsen werden“, (Ein Blick auf das digitale Zeitalter, Essays und Interviews 1984-2014, Hoffman und Campe 2015).

Lanier sagte den oben zitierten Satz anlässlich seiner Dankesrede des ihm verliehenen Friedenspreises des Deutschen Buchhandels. Diese Dankesrede ist in dem hier zitierten Buch ebenfalls nachzulesen.